Die
Haftung des Hufschmieds wegen fehlerhafter Hufschmiedearbeiten
Rechtsanwalt Torsten
Sonneborn
„Der Hufschmied hat mein Pferd
vernagelt!“
Es gibt kaum einen Pferdefreund, dem diese Klage eines Reiterkollegen
noch nicht zu Ohren gekommen ist. Manch einer hat auch schon selbst die
Erfahrung gemacht, dass sein Pferd nach dem Hufbeschlag für
längere Zeit lahmte. Dass es dennoch nur selten vorkommt, dass
betroffene Pferdehalter Schadensersatz verlangen, hängt auch
damit
zusammen, dass die Voraussetzungen einer Haftung von Hufschmieden
weithin unbekannt sind. Der vorliegende Beitrag macht es sich daher zur
Aufgabe, diejenigen Rechtsprobleme zu erläutern, die sich den
Beteiligten im Falle der Schlechterfüllung von
Hufbeschlagsarbeiten regelmäßig stellen.
I.
Werkvertrag
Da der Hufschmied dem Auftraggeber die Herbeiführung eines
ganz
bestimmten Erfolg schuldet, nämlich einen
ordnungsgemäßen Beschlag, kommt mit dem Hufschmied
über
die Durchführung seiner Arbeiten regelmäßig
ein
Werkvertrag zustande (vgl. LG Mannheim, Urteil vom 04.12.1998
– 1
S 237/98). Dies gilt nicht nur für den Hufbeschlag im engeren
Sinne, sondern auch für die reine Barhufpflege. Die Haftung
des
Hufschmieds richtet sich somit nach den werkvertraglichen Vorschriften
der §§ 633 – 639 BGB.
II.
Schlechterfüllung
Voraussetzung für die Haftung des Hufschmieds ist die
Schlechterfüllung des Werkvertrages, also das Vorliegen eines
mangelhaften Werkes. Gemäß § 633 Absatz 2
BGB ist dies
dann der Fall, wenn das Werk nicht die vereinbarte Beschaffenheit hat
oder wenn es sich nicht für die nach dem Vertrag vorgesehene
Verwendung eignet oder sich nicht für die gewöhnliche
Verwendung eignet bzw. keine Beschaffenheit aufweist, die bei Werken
der gleichen Art üblich ist und die der Besteller nach der Art
des
Werkes erwarten kann.
Das Fehlen der vereinbarten Werkbeschaffenheit ist zu bejahen, wenn der
Hufschmied statt der vereinbarten orthopädischen
Spezialbeschläge nur herkömmliche Hufeisen angebracht
hat.
Eine Ungeeignetheit für die vertraglich vorgesehene Verwendung
liegt z.B. vor, wenn sich herausstellt, dass die Hufeisen eines
Rennpferdes zu schwer sind und das zusätzliche Gewicht die
Rennleistung merklich beeinträchtigt. Das Fehlen der
üblichen
Beschaffenheit ist generell anzunehmen, wenn der Hufschmied gegen die
sog. anerkannten Regeln des Hufbeschlages verstoßen hat (z.B.
fehlerhaftes Ausschneiden des Hufes).
Eine Schlechterfüllung der werkvertraglichen Pflichten des
Hufschmiedes kommt aber nicht nur im Falle der
unsachgemäßen
Ausführung der eigentlichen Hufschmiedearbeit in Betracht.
Auch
die bloße Verletzung von Hinweispflichten kann
haftungsbegründend sein, denn aus der allgemeinen
Herstellungspflicht der §§ 631 Absatz 1, 633 Absatz 1
BGB
resultiert die Pflicht des Hufschmiedes, den Auftraggeber in Fragen der
Hufpflege optimal zu beraten.
1.
Unsachgemäße Ausführung des Hufbeschlags
Der Hufbeschlag ist eine körperlich anstrengende Arbeit, bei
der
dem Hufschmied schnell Fehler unterlaufen können. Eine
detaillierte Aufzählung aller denkbaren Schlechtleistungen
kann an
dieser Stelle nicht erfolgen, da diese Materie zu umfangreich ist.
Stattdessen sollen nachfolgend die wichtigsten Fallgruppen kurz
erläutert werden.
a)
Falsch beschnittene Hufe
Vor der Anbringung der Eisen müssen die Hufe fachgerecht
ausgeschnitten werden. Dabei werden die Wände entsprechend der
Stellung und des Ganges des Pferdes gekürzt sowie loses und
faules
Horn von Sohle und Strahl entfernt. Leider können dabei eine
ganze
Reihe von Fehlern passieren. Einer der am häufigsten
auftretenden
Mängel ist der zu kurz geschnittene Huf. Weil dann der Druck
beim
Auffußen auf den empfindlichen Innenhuf übertragen
wird, hat
das Pferd zwangläufig starke Schmerzen beim Auftreten. Neben
einer
vorübergehenden Lahmheit können dadurch
schwerwiegende
Gesundheitsschäden hervorgerufen werden, z.B. eine
Huflederhautentzündung oder wiederkehrende
Hufgeschwüre.
b)
Falscher Beschlag
Der Hufschmied hat unter Beachtung der anatomischen Besonderheiten
stets einen Beschlag auszuwählen, der für den
bestimmungsgemäßen Gebrauch des Pferdes geeignet
ist.
Während Rennpferde mit besonders leichten (Aluminium-) Eisen
beschlagen werden, benötigen die Arbeitspferde besonders
beständige Hufweisen, die nicht zu schnell durchgerieben
werden
(z.B. bei Zugpferden). Die Auswahl an Korrektur- und
Spezialbeschlägen ist fast unerschöpflich. Neben
Stegeisen,
gibt es herzförmige Eisen, Eisen mit Keilen,
Bügeleisen,
Spatbeschläge und besondere Eisen für Sportpferde
(Trabereisen, Renneisen oder Slidingeisen bei Westernpferden).
Als Fachmann muss der Hufschmied erkennen, welches Eisen am besten
geeignet ist. Hierzu sollte er das Pferd in der Bewegung gesehen haben,
weshalb sich ein erfahrener Hufschmied gerade solche Tiere, die er
erstmals beschlagen soll, zuvor im Schritt und Trab vorführen
lässt, um auf diese Weise körperliche Anomalien zu
erkennen.
Der ausgewählte Beschlag muss anschließend der
Hufform
angepasst werden. Hierzu wird das heiße Eisen gegen den Huf
gehalten, wo es eine Markierung in das unempfindliche Horn brennt.
Anhand dieser Markierung kann der Hufschmied erkennen, welche
Anpassungen er an dem Hufeisen im Einzelnen vorzunehmen hat. Bei einem
fehlerhaft angepassten Eisen ist die Gefahr des Vernagelns
größer. Außerdem können sich
Fehlstellungen
ergeben, die den natürlichen Bewegungsablauf stören.
Mitunter können sich auch Missbildungen ergeben, vor allem
dann,
wenn der Hufschmied die Eisen regelmäßig zu eng
anlegt, um
ein Abtreten der Beschläge zu verhindern. Auf Dauer
führt
dies nämlich dazu, dass der Huf selbst auch immer enger wird,
weil
der über das Eisen nach und nach hinauswachsende Teil
besonders
leicht abbricht.
c)
Vernageln
Bei der Befestigung des Hufes besteht die Gefahr des Vernagelns.
Darunter versteht man das Treiben des Nagels in den sensitiven Bereich
des Hufes. Man unterscheidet zwei Arten des Vernagelns.
Während
beim „unblutigen Nadeldruck“ oft schon die
Entfernung des
Nagels für unmittelbare Abhilfe sorgt, muss beim
„blutigen
Nadelstich“ der Nagelkanal unbedingt mit geeigneten
Desinfektionsmitteln durchgespült werden.
Der Hufschmied hat das Vernageln grundsätzlich zu vertreten,
wenn
die Hufe des Pferdes keine anatomischen Besonderheiten aufweisen.
Beruft sich der Hufschmied darauf, dass das Vernageln auf einen
Materialfehler des Nagels zurückzuführen sei, so
trägt
er diesbezüglich die Beweislast (OLG Köln, Urteil vom
04.10.1989 – 13 U 88/89).
2.
Verletzung von Hinweispflichten
Kommt der Hufschmied einer bestehenden Hinweispflicht nicht oder nur
unzureichend nach, so ist seine Werkleistung ebenso mangelhaft als
hätte er bei der Ausführung des Hufbeschlags einen
Fehler
gemacht.
Aus diesem Grunde muss der Hufschmied bestehende Bedenken gegen die
Brauchbarkeit der vom Auftraggeber gewünschten Eisen
unverzüglich mitteilen. Meint der Hufschmied etwa, dass das
Tier
aufgrund anatomischer Besonderheiten anstelle herkömmlicher
Eisen
einen Korrekturbeschlag benötigt, so hat er den
Pferdeeigentümer hierüber in Kenntnis zu setzen und
ihm
gegebenenfalls zu raten, hierüber auch mit dem Tierarzt zu
sprechen. Vor allem bei krankhaften Veränderungen sind
Spezialbeschläge zu empfehlen (Stegeisen zur Behandlung des
Rehhufes, Deckeleisen zur Behandlung der Strahlfäule,
Spatbeschläge oder geschlossene Eisen bei Hufbeinfrakturen).
Lehnt
der Auftraggeber trotz dieser Hinweise den empfohlenen Hufbeschlag ab,
so scheidet eine Haftung des Hufschmieds aus.
Nach der Rechtsprechung ist der Hufschmied außerdem
verpflichtet,
auf die Erforderlichkeit einer tierärztlichen Behandlung so
früh wie möglich hinweisen (OLG Frankfurt am Main,
Urteil vom
27.04.2007 – 19 U 47/06). Erfüllt der Hufschmied
diese
Pflicht nicht und stellt sich nachher heraus, dass der infolge einer
Huferkrankung eingetretene Tod des Pferdes bei einer rechtzeitigen
medizinisch-orthopädischen Behandlung hätte
verhindert werden
können, so muss der Hufschmied den Wert des verstorbenen
Pferdes
gegebenenfalls sogar in voller Höhe ersetzen.
Lässt sich hingegen nicht beweisen, dass die Huferkrankung
restlos
ausgeheilt worden wäre, so haftet der Hufschmied aber
zumindest in
Höhe des Wertes, den das verstorbene Tier mit der nicht
ausgeheilten Erkrankung gehabt hätte.
So hat das OLG Frankfurt am Main (a.a.O.) für Recht erkannt,
dass
bei einem Turnierpferd, dass ehemals 40.000,00 EUR wert war, vom
Hufschmied immerhin noch 5.000,00 EUR zu ersetzen sind, wenn das Tier
bei rechtzeitiger Konsultation eines Tierarztes überlebt
hätte und trotz der nicht ausgeheilten Huferkrankung noch als
Freizeitpferd einsetzbar gewesen wäre.
Der Umfang der Hinweispflicht hängt entscheidend von den
Umständen des Einzelfalls ab. So kommt es zunächst
einmal auf
die Sachkenntnis an, die vom Hufschmied selbst erwartet werden kann.
Dabei wird von dem Hufschmied lediglich das dem neusten Stand der
Technik entsprechende Normalwissen verlangt. Gegebenenfalls ist aber
auch zu prüfen, inwieweit sich der Hufschmied auf eine
besondere
Sachkunde des Auftraggebers verlassen durfte. Ist der Pferdehalter z.B.
selbst Hufpfleger, so führt dies selbstverständlich
zu einer
Verringerung der Hinweispflichten. Bei einem auf die Behandlung von
Pferden spezialisierten Tierarzt kann der Hufschmied unter
Umständen sogar darauf verzichten, auf bestehende
Huferkrankungen
hinzuweisen und dementsprechende Behandlungsmethoden zu empfehlen.
III.
Rechte des Bestellers
Die Rechte des Auftraggebers, der im Werkvertragsrecht Besteller
genannt wird, stehen in einem Stufenverhältnis: Der Besteller
hat
zunächst lediglich den Anspruch auf Nacherfüllung.
Darüber hinausgehende Rechte erwirbt er in der Regel nur,
nachdem
er dem Hufschmied eine angemessene Frist zur Nacherfüllung
gesetzt
hat und diese ergebnislos verstrichen ist. Dann kann er nach seiner
Wahl den Mangel selbst beseitigen oder den Werklohn mindern sowie vom
Vertrag zurücktreten oder Schadensersatz bzw. den Ersatz
vergeblicher Aufwendungen verlangen.
1.
Nacherfüllung
Um die Gefahr zu vermeiden, alle weitergehenden
Mängelansprüche zu verlieren, muss dem Hufschmied
zunächst die Gelegenheit gegeben werden, den aufgetretenen
Mangel
im Wege der Nacherfüllung selbst zu beheben. Hierzu bedarf es
grundsätzlich einer angemessenen Fristsetzung. Wie diese Frist
zu
bemessen ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls
ab.
Während im Falle des Vernagelns vom Hufschmied verlangt werden
kann, dass der Schmied zumindest die erforderlichen
Erste-Hilfe-Maßnahmen unverzüglich, also in der
Regel noch
am gleichen Tag, durchführt, sollte die Frist für
weniger
dringliche Korrekturen drei bis vier Tage betragen. Ein
längeres
Zuwarten ist in den meisten Fällen nicht zumutbar, weil sonst
weitere Risiken (Muskelabbau, Lahmheit etc.) zu befürchten
sind.
In besonderen Notfällen kann allerdings eine Fristsetzung
ausnahmsweise entbehrlich sein. Auf eine Fristsetzung kann ferner
verzichtet werden, wenn es für den Hufschmied gar nichts mehr
nachzubessern gibt. Dies ist kann bei einem zu kurz geschnittenen Huf
der Fall sein, wenn nach Auskunft des Tierarztes das Nachwachsen des
abgeschnittenen Hornes abgewartet werden muss. Es sind jedoch auch
Fälle denkbar, in denen der Hufschmied die
Möglichkeit hat,
einen sog. Hufschuh anzukleben oder einen neuen Hufbeschlag
anzubringen, der für eine gleichmäßigere
Druckverteilung sorgt. Ohne die Einholung eines fachkundigen Rates
sollte deshalb nicht zu voreilig angenommen werden, dass von einer
Fristsetzung zur Nacherfüllung abgesehen werden kann. Besteht
zumindest theoretisch die Aussicht, dass der Hufschmied selbst
zweckmäßige Korrekturen vornehmen kann, sollte der
betroffene Pferdeeigentümer dem Hufschmied sicherheitshalber
eine
angemessene Frist zur Nacherfüllung zu setzen, weil er sonst
Gefahr läuft, einen etwa erforderlichen Schadensersatzprozess
zu
verlieren. Erklärt nämlich der beklagte Hufschmied,
dass er
in der Lage gewesen wäre, dem Pferd auch ohne die Hinzuziehung
eines Tierarztes zu helfen, so steht zu befürchten, dass die
Klage
allein schon deshalb abgewiesen wird, weil dem Hufschmied nicht die vom
Gesetz vorgeschriebene Gelegenheit zur Nacherfüllung gegeben
wurde. In dieser Situation hilft dem Kläger oftmals auch der
Einwand nicht weiter, dass aufgrund der nachweisbaren Schlechtleistung
jegliches Vertrauen in die Fähigkeiten des Hufschmiedes
verloren
habe.
2.
Selbstvornahme
Wird der Hufschmied innerhalb der ihm gesetzten Frist nicht
tätig
oder lehnt er die von ihm verlangte Nacherfüllung
ausdrücklich ab, kann der Pferdeeigentümer
gemäß
§ 637 BGB einen anderen Hufschmied mit der
Mängelbeseitigung
beauftragen und den Ersatz der ihm dadurch entstehenden Aufwendungen
verlangen.
Diesem Anspruch kann nur entgegengehalten werden, dass entweder ein
Mangel gar nicht vorgelegen habe oder die vom anderen Hufschmied
durchgeführten Arbeiten zum Zwecke der
Mängelbeseitigung
nicht notwendig bzw. überteuert waren.
3.
Rücktritt oder Minderung
Wenn der Hufschmied eine Mängelbeseitigung ernsthaft und
endgültig verweigert oder die Nacherfüllung
fehlgeschlagen
ist, kann der Auftraggeber auch vom Vertrag zurücktreten und
Schadensersatz verlangen (§ 325 BGB). Statt
zurückzutreten,
kann der Auftraggeber auch die Vergütung mindern, wobei immer
zu
beachten ist, dass das Wahlrecht zwischen Rücktritt oder
Minderung
nur einmal ausgeübt werden kann. Eine nachträgliche
Änderung ist demnach ohne Zustimmung des Hufschmiedes nicht
mehr
möglich.
Die Ausübung dieser beiden Gestaltungsrechte erfolgt in der
Praxis
verhältnismäßig selten, weil sich
insbesondere durch
eine Herabsetzung der Vergütung das Hauptproblem,
nämlich der
mangelhafte Hufbeschlag, nicht lösen lässt.
4.
Schadensersatz
Nach erfolglosem Ablauf der Nacherfüllungsfrist ist der
Hufschmied
nach §§ 633, 634 Nr. 4, 636 BGB verpflichtet,
Schadensersatz
zu leisten, wenn nachgewiesen werden kann, dass dem Eigentümer
des
Pferdes infolge seiner Pflichtverletzung ein finanzieller
Schaden entstanden ist. Kommt es wegen der fehlerhaften
Hufschmiedearbeiten zum Tod des Pferdes, so hat der Hufschmied
–
wie bereits oben erwähnt – Wertersatz zu leisten.
Daneben
besteht ein Anspruch auf Erstattung von tierärztlichen
Behandlungskosten, soweit es im Zusammenhang mit den mangelhaften
Hufbeschlag tatsächlich erforderlich war, die Hilfe eines
Veterinärmediziners in Anspruch zu nehmen. Anders als bei
einem
beschädigten Pkw (Stichwort „wirtschaftlicher
Totalschaden“) dürfen die Heilbehandlungskosten auch
den
Wert des Pferdes übersteigen. Aus Gründen des
Tierschutzes,
aber auch um der Verbundenheit des Eigentümers mit seinem Tier
Rechnung zu tragen, wurde mit § 251 Absatz 2 Satz 2 BGB
nämlich eine Sonderregelung geschaffen, wonach die aus der
Heilbehandlung eines Tieres entstandenen Aufwendung nicht bereits dann
unverhältnismäßig sind, wenn sie den Wert
des Tieres
übersteigen. Für das Maß, in dem
über dem Tierwert
liegende Heilungskosten zu erstatten sind, kommt es stark auf die
Funktion und vor allem die emotionale Bindung des Halters zu seinem
Tier an. So wird beispielsweise die Bindung zu einem Freizeitpferd,
dass man von Fohlenbeinen an großgezogen hat, viel
stärker
sein als zu einem Kutschpferd, dass in den Augen seines
Eigentümers in erster Linie ein Wirtschaftsgut ist. Aber nicht
nur
Grad der emotionalen Bindung, sondern auch das Alter, der
Gesundheitszustand und der Stammbaum des Pferdes vermögen
höhere Heilungskosten zu rechtfertigen. Erwähnenswert
ist
weiterhin, dass gerechtfertigte Heilungskosten auch dann zu erstatten
sind, wenn sie im Ergebnis erfolglos waren.
Eine Nutzungsausfallentschädigung für die Zeit, in
der das
Pferd nicht geritten werden konnte, kommt nur dann in Frage, wenn das
Pferd gewerblich genutzt wird. Ein privater Reiter kann demnach unter
dem Gesichtspunkt der „entgangenen Lebensfreude“
keinerlei
Schadensersatz beanspruchen, weil er auf die ständige
Verfügbarkeit des privat genutzten Pferdes im Rahmen seiner
eigenwirtschaftliche Lebenshaltung nicht angewiesen ist. Soweit
hiergegen oftmals der Einwand vorgebracht wird, dass
schließlich
auch der Eigentümer eines privat genutzten Autos –
etwa nach
einem Verkehrsunfall – eine Nutzungsentschädigung
verlangen
kann, so ist dem entgegenzuhalten, dass dieser Anspruch letztlich auf
der Erwägung beruht, dass der auf einen Mietwagen verzichtende
Eigentümer nicht schlechter gestellt werden kann als
derjenige,
der einen Ersatzfahrzeug mietet.
Was die während der Dauer der Krankheit anfallenden
Einstellkosten
betrifft, besteht nach der Rechtsprechung auch kein
Schadensersatzanspruch, weil dies sog.
„Sowieso-Kosten“ sind, welche
–
unabhängig vom Gesundheitszustand des Pferdes – in
jedem
Fall entstanden wären.
5.
Ersatz vergeblicher Aufwendungen
Gemäß §§ 633, 634 Nr. 4, 284 BGB
kann vom
Hufschmied außerdem der Ersatz vergeblicher Aufwendungen
verlangt
werden. Zu denken ist hier an
„Mangelfolgeaufwendungen“,
die zur Verwendung der Schuldnerleistung investiert werden und die sich
infolge der mangelhaften Leistungen des Hufschmieds als nutzlos
erweisen. Beispiel: Ein Western-Reiter lässt sich von einer
amerikanischen Hufeisenschmiede Quarter-Hufeisen in einer
Spezialgröße anfertigen, die der Hufschmied nur noch
fachgerecht anbringen soll. Wenn das Pferd im Anschluss daran aufgrund
von gravierenden Fehlern beim Hufbeschlag die Eisen –
unauffindbar – verliert, so erweisen sich die Kosten
für die
Anschaffung der Eisen als eine vergebliche Aufwendung, so dass der
Hufschmied entsprechend Ersatz zu leisten hat.
IV.
Beweislast
Im Falle einer zivilgerichtlichen Auseinandersetzung muss der klagende
Pferdeeigentümer beweisen, dass die Werkleistung mangelhaft
war,
wenn der Hufschmied dies in Abrede stellt. So muss beispielsweise
nachgewiesen werden, dass eine aufgetretene Lahmheit einzig und allein
auf die fehlerhaften Hufbeschlagsarbeiten
zurückzuführen ist.
Wenn das Pferd zuvor noch nie gelahmt hat, ist dieser Beweis relativ
leicht zu führen, falls die Lahmheit direkt im Anschluss an
die
Tätigkeit des Hufschmieds auftritt. In diesem Fall
müssen
zunächst Zeugen, ermittelt werden, die kraft eigener
Wahrnehmung
bestätigen können, dass das Pferd in der
Vergangenheit nie
unter Lahmheitserscheinungen litt. Diese oder andere Zeugen sollten
ferner bekunden können, dass die Bewegungsstörungen
des
Pferdes unmittelbar nach dem Beschlag der Hufe aufgetreten sind. Zum
Beweis dieser Tatsache kann es im Einzelfall auch hilfreich sein, die
Bewegungen des Pferdes im Schritt und Trab zu filmen. Videoaufnahmen
können nämlich gemäß §
371 Absatz 1 Satz 2
ZPO im Wege des sog. Augenscheinbeweises in das Verfahren
eingeführt werden. Noch wichtiger ist es indes,
möglichst
zeitnah einen Veterinär zu konsultieren, damit dieser die
Lahmheit
und deren vermeintliche Ursache ärztlich attestiert. Wenn die
Lahmheit erst einige Tage nach den Hufbeschlagsarbeiten auftritt,
gestaltet sich die Beweisführung ungleich schwieriger. In
einem
solchen Fall kann erfahrungsgemäß nur ein vom
Gericht
beauftragter Sachverständiger eine zuverlässige
Aussage zu
den Ursachen der Lahmheit treffen. Wird eine Schadensersatzklage darauf
gestützt, dass der Hufschmied dem Pferdeeigentümer
einen
objektiv gebotenen Hinweis, z.B. auf eine Huferkrankung, nicht oder
erst viel zu spät erteilt hat, so muss der Hufschmied
beweisen,
dass er seine (zumindest nebenvertragliche) Hinweispflicht
erfüllt
hat (OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 27.04.2007 – 19 U
47/06).
Dies erweist sich vor allem dann als problematisch, wenn der Hufschmied
behauptet, dass er den Hinweis im Rahmen eines
„Vier-Augen-Gespräches“ erteilt habe, weil
er dann
allenfalls die Vernehmung der klägerischen Partei
gemäß
§ 445 ZPO beantragen kann. Daher kann Hufschmieden nur
empfohlen
werden, derartige Hinweise zumindest in heiklen Fällen immer
schriftlich (z.B. als Einschreiben) zu verfassen. Verlangt der
Kläger Wertersatz mit der Begründung, dass sein Pferd
infolge
der fehlerhaften Hufschmiedearbeit verstorben ist, so muss er beweisen,
dass insoweit ein ununterbrochener Kausalzusammenhang besteht (OLG
Frankfurt am Main, a.a.O.). Im Einzelfall kann es hierzu erforderlich
sein, die Möglichkeit anderer Todesursachen
verlässlich
auszuschließen. Gerade in solchen Fällen, in denen
das Pferd
unbestreitbar auch an Krankheiten litt, die nicht auf den fehlerhaften
Hufbeschlag zurückzuführen sind, gelingt dies im
Zweifel nur
im Wege die Einholung eines tiermedizinischen
Sachverständigengutachtens.
V.
Verjährung
Die Verjährung der vorstehend unter IV. beschriebenen
Mängelansprüche ist abschließend in
§ 634a BGB
geregelt.
Demzufolge verjähren die Mängelansprüche des
Pferdeeigentümers grundsätzlich in zwei Jahren. Der
Lauf
dieser Verjährungsfrist beginnt mit der Abnahme (§
640 BGB),
also mit der körperlichen Hinnahme des Werkes, verbunden mit
dessen Anerkennung als eine in der Hauptsache
vertragsgemäßen Leistung.
Abweichend davon verjähren die Ansprüche in der
regelmäßigen Verjährungsfrist (3 Jahre),
wenn der
Hufschmied die Mangelhaftigkeit seiner eigenen Arbeit arglistig
verschwiegen hat. Diese Verjährungsfrist beginnt
gemäß
§ 199 Absatz 1 BGB mit dem Schluss des Jahres zu laufen, in
dem
der Anspruch entstanden ist und der Eigentümer des Pferdes
Kenntnis von den anspruchsbegründenden Tatsachen erlangt hat.
VI.
Haftungsbeschränkung
Viele Hufschmiede werden auf der Grundlage von Allgemeinen
Geschäftsbedingungen tätig, die eine
formularmäßige Beschränkung der
Mängelansprüche vorsehen. Grundsätzlich
gilt, dass sich
der Hufschmied auf eine solche vertragliche Einschränkung der
Mängelansprüche nicht berufen kann, wenn er den
Mangel
arglistig verschweigen oder eine Garantie für die
Beschaffenheit
des Werkes übernommen hat (§ 639 BGB).
Unabhängig davon
sind gesetzliche Klauselverbote zu beachten. So sind
gemäß
§ 309 BGB insbesondere Klauseln unwirksam, die
Mängelansprüche gegen den Hufschmied insgesamt
ausschließen oder auf das Nacherfüllungsrecht
beschränken. Unzulässig ist hiernach ferner eine
Verkürzung der Verjährungsfristen auf weniger als ein
Jahr.
Ob die in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines
Hufschmieds
enthaltenen Klauseln wirksam sind oder nicht, muss im Einzelfall immer
unter Berücksichtigung der aktuellsten Rechtsprechung
geprüft
werden. Wer hier auf Nummer sicher gehen möchte, sollte sich
daher
an einen Rechtsanwalt wenden, der im Bereich der AGB-Kontrolle
einschlägige Erfahrungen aufzuweisen hat.
Eine individualvertragliche Beschränkung oder Begrenzung der
Haftung ist demgegenüber grundsätzlich
zulässig. Aus
diesem Grunde ist jedem Hufschmied, der unter erhöhtem Risiko
tätig wird, z.B. wenn ein nerviges Pferd auf
ausdrückliche
Anweisung des Eigentümers ohne Beruhigungsmittel oder
Nasenbremse
beschlagen wird, dringend anzuraten, seine Haftung durch eine
Individualvereinbarung zu reduzieren.
Das Problem ist nur, dass der Hufschmied im Streitfall auch beweisen
muss, dass es sich bei der haftungsbeschränkenden Vereinbarung
tatsächlich um eine Individualabrede handelt. Nach der
ständigen Rechtsprechung ist dies nur anzunehmen, wenn
zwischen
den Parteien ein tatsächliches Aushandeln der
Vertragsbedingungen
stattgefunden hat. Ausgehandelt ist eine Vertragsbedingungen lediglich
dann, wenn der Verwender die Klausel inhaltlich ernsthaft zur
Disposition stellte und dem Verhandlungspartner die reale
Möglichkeit einräumt, die konkrete Ausgestaltung der
Vertragsbedingungen zu beeinflussen. Das wiederum setzt voraus, dass
sich der Verwender deutlich und ernsthaft zu gewünschten
Änderungen der zu treffenden Vereinbarung bereit
erklärt.
Macht ein Hufschmied die Durchführung der von ihm zu
erbringenden
Hufschmiedearbeiten beispielsweise ohne wenn und aber davon
abhängig, dass der Pferdeeigentümer zuvor ein
Schriftstück unterzeichnet, in dem er auf seine
Mängelansprüche weitgehend verzichtet, so
führt dies
nach dem oben Gesagten nicht zu einer wirksamen
Haftungsbeschränkung, und zwar insbesondere dann nicht, wenn
es
sich bei dem Schriftstück um einen vorformulierten Text ohne
hand-
oder maschinenschriftliche Einfügungen handelt.
VII.
Das neue Hufbeschlaggesetz
Am 01.01.2007 ist das Gesetz über den Beschlag von Hufen und
Klauen (Hufbeschlaggesetz) in Kraft getreten, durch welches die alte
Verordnung über den Hufbeschlag vom 31.12.1940 (inklusive
diverser
Änderungsgesetze der letzten Jahre) aufgehoben wurde.
Die Verabschiedung des neuen Gesetzes erfolgte in dem Bewusstsein, dass
die Gesundheit von Huf- und Klauentieren, insbesondere die
Leistungsfähigkeit ihres Bewegungsapparates, durch einem
sach-,
fach- und tiergerechten Huf- und Klauenbeschlag erhalten und
gefördert werden muss. Um dieses Qualitätsziel zu
erreichen,
darf der Beschlag von Pferdehufen fortan nur noch von
geprüften
und staatlich anerkannten Hufbeschlagsschmieden ausgeübt
werden,
die eine fachbezogene Ausbildung an einer Hufbeschlagsschule absolviert
haben.
Wer bereits in der Zeit vor dem 01.01.2007 die Tätigkeit des
Hufschmieds gewerbsmäßig ausgeübt hat,
bleibt hierzu
aber im bisherigen Umfang weiterhin berechtigt. Nach bisherigem Recht
erworbene Prüfzeugnisse und staatliche Anerkennungen verlieren
demnach nicht ihre Gültigkeit, so dass sich das neue Gesetz
auf
die alteingesessenen Hufschmiede zunächst nicht besonders
auswirkt. Eine Steigerung der Ausbildungsqualität wird das
neue
Gesetz demnach – wenn überhaupt – nur bei
den
Berufsneulingen bewirken.
VIII.
Verwandte Berufsgruppen
Mit der zunehmenden Bedeutung von Pferden als Freizeit- und Sporttieren
stellte sich der klassische Eisenbeschlag in den letzten Jahren als
nicht mehr geboten, teilweise auch nicht mehr als gewünscht
dar.
Neben den Hufschmieden kümmern sich deshalb heute Hufpfleger
und
Huftechniker von Berufs wegen um alternative Formen der Hufversorgung.
Unter die Berufsbezeichnung „Hufpfleger“
fällt die
Hufversorgung von Barhufpferden, also Pferden ohne Hufschutz oder mit
lediglich temporärem Hufschutz (z.B. Hufschuhe). Als sog.
„Huftechniker“ werden demgegenüber
Spezialisten
für alle Arten der Hufshilfsmittel und des Hufschutzes mit
Ausnahme des dem Hufschmied vorbehaltenen Eisenbeschlags bezeichnet.
Das Betätigungsfeld des Huftechnikers umfasst demzufolge vor
allem
die Anbringung von Kunststoff- und Aluminiumbeschlägen, das
Anpassen von Hufschuhen sowie die Reparatur von Hufen mit Kunsthornen
und anderen Hufersatzmitteln.
Da mit Hufpflegern und Huftechnikern im Zweifel ebenfalls
Werkverträge abgeschlossen werden, kann hinsichtlich ihrer
Haftung
wegen mangelhafter Arbeiten zur Vermeidung von unnötigen
Wiederholungen weitestgehend auf die obigen Ausführungen
verwiesen
werden.
Anders sieht die Situation aus, wenn der Pferdeeigentümer die
Hilfe eines Hufheilpraktikers in Anspruch nimmt. Dabei kommt es
meistens zum Abschluss eines Dienstvertrages gemäß
§§ 611 ff. BGB, wonach der Hufheilpraktiker lediglich
die
versprochene Leistung schuldet, nicht aber einen spezifischen (Heil-)
Erfolg der von ihm erbrachten Dienstleistung. Mit der
Begründung,
die Behandlung habe nicht zur erhofften Genesung des Pferdes
geführt, können deshalb keine Ansprüche
gegen den
Hufheilpraktiker geltend gemacht werden. Jedoch können
Schadensersatzansprüche gegeben sein, wenn es infolge einer
Falschbehandlung zu vermeidbaren Verletzung des Pferdes kommt.
IX.
Fazit
Das am 01.01.2002 in Kraft getretene Schuldrechtsmodernisierungsgesetz
wirkt sich auch auf die Haftung des Hufschmieds wegen fehlerhafter
Hufschmiedearbeiten aus, und zwar in Form einer deutlichen
Stärkung der Rechte des Auftraggebers. Betroffene
Pferdeeigentümer sollten deshalb den fehlerhaften Hufbeschlag
und
seine mitunter weitreichenden Folgen nicht ohne weiteres als einen
unvermeidlichen Schicksalsschlag hinnehmen, sondern unter Hinzuziehung
eines auf diesem Gebiet erfahrenen Rechtsanwaltes zumindest
prüfen
lassen, inwieweit eine Inanspruchnahme des Hufschmieds im Einzelfall
Erfolg verspricht.
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